Bethlehem

In Israel hat uns Daja, Manus Schwester auf unserem Roadtrip durch den Nahen Osten besucht und hier nun der Gastbeitrag von Dajana Pavic. Genießt ihn!

Am nächsten Morgen war ein Kurztrip nach Bethlehem geplant. Wir wollten uns auf keinen Fall die Mauer und einen Teil Palästinas entgehen lassen.

Bereits beim Durchqueren des arabischen Viertels sind uns die unzähligen Soldaten aufgefallen, die sich bemühten, die schmalen Gassen abzusperren. Nachdem wir einige Male gefragt wurden, wo wir denn hin wollten, ließen uns die Männer schließlich vorbei.

Außerhalb der Altstadt, durch das Damaskus Tor hindurch, waren bereits viele junge Leute damit beschäftigt, die Straße mit Absperrungen zu blockieren und auch der ein oder andere Kameramann hat sich inmitten des Ganzen einen Platz reserviert.

Mit einem Linienbus kamen wir für 13,50NIS/€3,00 p.P. eine halbe Stunde später in Bethlehem, dem Geburtsort Jesu’ an. Bereits einige Kilometer von Bethlehem entfernt, erhält man den ersten Blick auf den kilometerlangen Schutzwall. Die Schutzmauer, die Israel als Sperranlage zum Westjordanland erbaut hat.

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Von weitem sieht sie aus wie ein langer, grauer Strich, der sich durch die Wüstenlandschaft zieht. Kommt man ihr näher wird einem klar, die Berliner Mauer ist NICHTS dagegen. Die Schutzmauer ist eine Ausgrenzung, die Familien und Freunde voneinander trennen soll und eine Eingrenzung, die es Palästinensern nicht ermöglicht dieses Gebiet ohne zeitaufwendige Kontrollen bzw. gar nicht zu verlassen.

Wir, als neutrale Personen dürfen – stehen nun auf der anderen Seite dieser absurd hohen Wand. Acht Meter ist sie hoch, großteils vom elektronisch, gesicherten Zaun umgeben und Stacheldraht versehen.

Blickt man nach oben ist es unmöglich ohne jegliche Hilfsmittel ,,auszubrechen“.

Tatsächlich gibt es Stellen an denen die Mauer noch nicht aufgestellt wurde. Leider bedeutet das nicht, dass nicht auch weiterhin daran gebaut wird.

Ziel der absonderlichen Linienführung war es, einen Großteil der jüdischen Siedlung im Westjordanland an das israelische Kernland anzusiedeln. Auf die Waffenstillstandslinie, die vermutlich einmal Grundlage für die Grenze eines künftigen Palästinenserstaats sein wird, wurde nicht Rücksicht genommen.

Denn das „Ding“ verläuft zu 80% durch das Westjordanland, also an palästinensischem Boden.

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An der Innenseite hatten es sich Künstler und Aktivisten zur Aufgabe gemacht, ihren Gefühlen über diese Situation in Form von Graffities darzustellen.

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Banksy, ein anerkannter britischer „Streetart“ Künstler, der seine alternative Sichtweise auf politische und wirtschaftliche Themen in Form von Sprühdosen zum Ausdruck bringt, hat sich hier verewigt.

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Wir gingen ein Stück zu Fuß und ließen uns Zeit, weil jedes Bild uns von neuem zum Nachdenken angeregt hat. Man versucht zu verstehen, wo die Menschlichkeit geblieben ist?

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Wir kamen am nicht weit entfernten, „Aida Camp“ vorbei, dass 1948 als provisorisches Flüchtlingslager errichtet wurde. Das Versprechen, sie würden bald wieder in ihre Häuser zurückkehren können, wurde im Laufe der Jahre vergessen.

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Dort wo vor einigen Jahren ein Zeltlager stand, befindet sich heute eine Siedlung in der Familien angefangen haben sich ein neues Leben aus Stein, Zement und Ziegeln aufzubauen.

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Den Eingang des Camps ziert ein großes Schloss mit einem Schlüssel, der sogenannte „Key Of Return“ (Rückkehrrecht der Palästinenser).

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Unser letztes Ziel für den heutigen Tag war die Geburtskirche Jesus. Tatsächlich stand an dieser Stelle vor tausenden Jahren kein Stall, sondern eine Höhle in der Jesus geboren wurde.

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Nicht weit entfernt, befindet sich eine wunderschöne kleine Kapelle, die ausschließlich aus weißem Stein besteht.

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Maria soll hier ihren Sohn gestillt haben, wobei ein Tropfen Milch einen Stein berührt und diesen dann weiß gefärbt haben soll. In der Milchgrotte nehmen wir uns eine kurze Auszeit von dem gerade Gesehenen und genießen den kühlen Stein der uns an diesem ruhigen Ort umgibt.

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Wir gingen früher als geplant los um unseren Bus zurück ins Hostel nicht zu verpassen. Erschöpft vom Tag passierten wir unseren ersten Checkpoint aus der Westbank hinaus. Zwei Soldaten, mit Maschinengewehren bewaffnet, betraten den Bus und kontrollierten die Ausweise der Fahrgäste. Unter uns war ein jugendlicher Palästinenser der sofort gebeten wurde mit den Soldaten auszusteigen. Wie so eine Kontrolle abläuft wissen wir leider nicht, der Bus aber, ist ohne ihn abgefahren.

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In der Altstadt angekommen wurde uns dann klar, wieso die Absperrungen am Morgen für notwendig gehalten wurden. Der Boden war übersät mit Glasscherben und Steinen mit denen scheinbar geworfen wurde. Wie wir später erfahren haben, gab es Verletzte durch einen Schusswechsel bei den heutigen Protesten.

Und spätestens jetzt fängst du an darüber nachzudenken, was in der Welt vorgeht. Du hörst das Menschen bei Granatenwürfen verletzt und getötet werden, aber berührt dich das? Wie oft hören wir den Satz ,,Das Land versinkt im Blutbad: Bis zu 1000 Tote in …“ und wie oft denken wir ernsthaft darüber nach? Vermutlich sehr selten, weil es schon alltäglich in unseren Medien geworden ist. Du wirst erst dann darüber nachdenken, wenn du dich an einem Ort befindest, an dem Waffen überall zu sehen sind und die Menschen ihren Blick nicht heben, wenn wieder eine Rakete vorbeifliegt.

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